Gen des Monats November: HK1
Varianten in einem regulatorischen Bereich des HK1-Gens führen zur seltenen Erkrankung des angeborenen Hyperinsulinismus – dies berichtet eine in Nature Genetics veröffentlichte Studie. Kodierende HK1-Varianten wurden bislang beispielsweise als Ursache für die hämolytische Anämie beschrieben, nicht jedoch im Zusammenhang mit Störungen der Blutzuckerregulation. Die Studie liefert ein Beispiel dafür, dass Veränderungen in nicht-kodierenden, regulatorischen Genabschnitten eine Erkrankung verursachen können, während kodierende Mutationen im selben Gen diese Erkrankung nicht hervorrufen.
HK1 kodiert für die Hexokinase 1, ein Schlüsselenzym der Glykolyse. Es wird in allen Geweben des Körpers exprimiert – außer in den Zellen der Bauchspeicheldrüse und der Leber, dort ist das Gen stumm geschaltet. Das Protein besitzt eine äußerst hohe Bindungsaffinität zu Glucose. Bei einer Expression von HK1 in diesen Zellen würde auch bei normal niedrigen Glucosespiegeln zu viel Insulin ausgeschüttet. Die Autor*innen der Studie identifizierten nun mittels Genomsequenzierung 14 Varianten in einer 42 bp großen, regulatorischen Region des HK1-Gens bei Patient*innen mit einem schweren, früh manifesten und persistierenden Hyperinsulinismus. Ihre Analyse epigenomischer Daten aus öffentlich zugänglichen Datenbanken ergab, dass die betreffende Genregion eine zentrale Bedeutung für die zell-spezifische Stummschaltung des Gens besitzt. In weiteren Untersuchungen zeigten die Wissenschaftler*innen, dass Patient*innen mit den identifizierten Varianten tatsächlich HK1 in Betazellen der Bauchspeicheldrüsen aufwiesen.
Beim angeborenen Hyperinsulinismus (HI) schütten die Betazellen zu viel Insulin aus. Dadurch kommt es bei den Betroffenen zu lebensbedrohlichen Unterzuckerungen, die unbehandelt zu schweren, irreversiblen neurokognitiven Defekten führen können. Für HI wurden bereits ursächliche Varianten in über 30 Genen beschrieben, aber dennoch bleibt bei bis zu 50 % der Kinder mit persistierendem HI die genetische Ursache bislang ungeklärt.
Wakeling MN, Owens NDL, Hopkinson JR, … Flanagan SE. Non-coding variants disrupting a tissue-specific regulatory element in HK1 cause congenital hyperinsulinism. Nat Genet. 2022 Nov;54(11):1615-1620. doi: 10.1038/s41588-022-01204-x. Epub 2022 Nov 4.