Einblicke in die molekularen Mechanismen des SPPRS-Syndroms
Eine Studie mit Beteiligung des Instituts für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) verschafft erstmals Einblicke in die molekularen Mechanismen, die zum so genannten SPPRS-Syndrom, einer seltenen neurologischen Entwicklungsstörung, führen. Mittels Exomsequenzierung haben die Göttinger Wissenschaftler und internationalen Kooperationspartner bei drei Patienten zwei bislang unbekannte homozygote Mutationen im HACE1-Gen entdeckt, die zu einem Verlust des kodierten Proteins führen. Mutationen dieses Gens waren zwar bereits früher als Ursache für das Syndrom identifiziert worden, jedoch blieb unklar, wie solche Veränderungen zur Entstehung der Erkrankung führen. Die in der aktuellen Studie durchgeführte Kombination aus genetischen Studien und eingehenden funktionellen Untersuchungen mit Patientenzellen und im Tiermodell liefert dazu nun erste Erkenntnisse.
Das SPPRS-Syndrom ist eine schwere, komplexe Erkrankung und äußert sich in Form von variabel ausgeprägter Entwicklungsverzögerung, geistiger Behinderung, Epilepsie, Hypotonie und fortschreitender Spastik der Beine. Die Erkrankung beginnt bereits bei der Geburt oder im frühen Säuglingsalter und führt u.a. dazu, dass die Betroffenen später auf den Rollstuhl angewiesen sind. In der aktuellen Studie konnte das Forschungsteam feststellen, dass der Verlust des HACE1-Proteins für eine Erhöhung der Konzentration und Aktivität eines anderen Proteins, RAC1, sorgt, das wiederum eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Gehirns und bei neuronalen Funktionen spielt. Im Tiermodell zeigten sich ähnliche klinische Merkmale wie bei den Patienten und die betroffenen Mäuse wiesen eine geringere Zahl an Synapsen sowie strukturelle Auffälligkeiten des Gehirns auf. In Untersuchungen an Patientenzellen ließ sich auch eine Stimulation von Signalwegen, die über das RAC1-Protein reguliert werden, beobachten. Die ForscherInnen vermuten daher, dass der Entstehung des SPPRS-Syndroms eine vermehrte Aktivierung des RAC1-Signalwegs zu Grunde liegt, die durch den HACE1-Proteinverlust und den dadurch gestörten Abbau von RAC1 ausgelöst wird.
HACE1 deficiency leads to structural and functional neurodevelopmental defects.
Nagy V, Hollstein R, Pai T-P, Herde MK, Buphamalai P, Moeseneder P, Lenartowicz E, Kavirayani A, Korenke GC, Kozieradzki I, Nitsch R, Cicvaric A, Monje Quiroga FJ, Deardorff MA, Bedoukian EC, Li Y, Yigit G, Menche J, Perçin EF, Wollnik B, Henneberger C, Kaiser FJ, Penninger JM.
Neurol Genet. 2019 Jun;5(3):e330.