Gen des Monats April: CACNA1C
Ein gentherapeutischer Ansatz, bei dem Antisense-Oligonukleotide die Produktion bestimmter Isoformen des vom CACNA1C-Gen kodierten Proteins beeinflussen, könnte eine neue Option zur Behandlung einer schweren neurologischen Entwicklungsstörung darstellen. CACNA1C kodiert für die α1C-Untereinheit des spannungsabhängigen L-Typ-Kalziumkanals Cav1.2. Autosomal dominante Mutationen im CACNA1C-Gen verursachen das Timothy-Syndrom, eine seltene Erkrankung, die durch multisystemische Störungen und Fehlbildungen, Autismus, Epilepsie und andere neurologische Entwicklungsprobleme sowie eine schwerwiegende lebensbedrohliche kardiale Beteiligung in Form eines Long-QT-Syndroms gekennzeichnet ist.
Patient*innen mit dem Typ 1 des Timothy-Syndroms tragen die spezifische heterozygote Missense-Variante c.1216G>A im alternativ gespleißten Exon 8A des CACNA1C-Gens. Sie sorgt dafür, dass beim Splicing verstärkt dieses mutierte Exon 8a eingeschlossen wird. Durch einen Funktionszugewinn des resultierenden Proteins öffnet sich der Kalziumkanal in der Zelle schneller und bleibt lange offen. Infolgedessen kommt es zu einem verstärkten Einstrom von Kalziumionen, was zu einer erhöhten neuronalen Erregbarkeit führt. In einer in Nature publizierten Studie entwickelten Wissenschaftler*innen nun Antisense-Oligonukleotide (ASO), die dafür sorgen, dass bei der Produktion des CACNA1C-Proteins in Nervenzellen vermehrt das Exon 8 anstelle des mutierten Exons 8a verwendet wird. In ihren Experimenten an aus Patientenzellen abgeleiteten Zellmodellen und Ratten, in die humane Neurone transplantiert wurden, gelang es ihnen, durch Verabreichung der ASO die verzögerte Inaktivierung des Kalziumkanals und den fehlregulierten intrazellulären Kalziumstrom zu beheben.
Chen X, Birey F, Li MY, Revah O, … Pașca SP. Antisense oligonucleotide therapeutic approach for Timothy syndrome. Nature. 2024 Apr;628(8009):818-825. doi: 10.1038/s41586-024-07310-6. Epub 2024 Apr 24.