Gen des Monats Februar: EN1
Eine Fehlregulation des EN1-Gens (engrailed-1), verursacht durch einen ganz besonderen genetischen Mechanismus, führt zu einer seltenen angeborenen Erkrankung mit schweren Gliedmaßenfehlbildungen. Dies berichten internationale Wissenschaftler*innen u.a. der Charité Berlin, aus der Schweiz und aus Brasilien in Nature. Sie stellten fest, dass ein 300 Kilobasen vom EN1-Gen entfernter DNA-Abschnitt, der die Informationen für eine lange nichtkodierende RNA enthält, offenbar benötigt wird, damit das EN1-Gen in Gliedmaßen tatsächlich abgelesen wird. Ausgangspunkt der Studie waren Patient*innen, die komplexe Fehlbildungen aufwiesen und bei denen etwa die Beine und Füße stark verkürzt und deformiert und Finger miteinander verschmolzen waren. In ihrem Erbgut entdeckten die Wissenschaftler*innen homozygote 27 bis 63 kb große Deletionen auf dem Chromosom 2, die den Locus einer langen, nichtkodierenden RNA betrafen.
Lange nichtkodierende RNAs können wichtige Komponenten in genregulatorischen Netzwerken darstellen, doch bislang ist das Wissen über ihre genaue Rolle bei der Entstehung von Erkrankungen noch sehr spärlich. Das in der aktuellen Studie generierte Mausmodell der identifizierten Deletion führte zu einem übereinstimmenden Phänotyp, und detaillierte funktionelle Analysen zeigten, dass infolge der Deletion die Aktivität von En1 in den Gliedmaßen vollständig fehlte. Solche Mechanismen mit Beteiligung von langen nichtkodierenden RNAs könnten sich möglicherweise künftig auch bei der Entstehung von anderen Erkrankungen des Menschen nachweisen lassen.
Allou L, Balzano S, Magg A, … Mundlos S, Superti-Furga A. Non-coding deletions identify Maenli lncRNA as a limb-specific En1 regulator. Nature. 2021 Feb 10. doi: 10.1038/s41586-021-03208-9. Epub ahead of print.