Gen des Monats Juli: WARS1

Über biallelische Varianten des WARS1-Gens als Ursache für autosomal-rezessive neurologische Entwicklungsstörungen berichten zeitgleich zwei internationale Studien, die jeweils federführend von Forschenden des Instituts für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen durchgeführt wurden. WARS1 gehört zu den Aminoacyl-tRNA-Synthetasen. Diese Enzyme spielen eine zentrale Rolle in der Proteinbiosynthese, da sie Transfer-RNAs (tRNAs) abhängig von ihrer Sequenz mit einer bestimmten Aminosäure beladen. Die von den tRNAs gelieferten Aminosäuren werden bei der Translation am Ribosom zum entsprechenden Protein aneinandergefügt. Für jede Aminosäure existiert eine spezifische tRNA-Synthetase, im Falle der vom WARS1-Gen kodierten Tryptophanyl-tRNA-Synthetase 1 (WARS1) ist dies die Aminosäure Tryptophan. Homozygote Varianten des Gens wurden erst vor kurzem zum ersten Mal in einer einzelnen Familie mit einer autosomal-rezessiven neurogenetischen Störung beschrieben.

Die beiden neuen, in Human Mutation publizierten Studien erweitern das klinische Spektrum der mit WARS1-assoziierten autosomal-rezessiven neurologischen Entwicklungsstörungen. Bögershausen et al. identifizierten in ihrer Studie eine pathogene homozygote Missense-Variante bei vier Patient*innen aus zwei Familien mit einem Krankheitsbild aus Mikrozephalie, Entwicklungsstörung, geistiger Behinderung und Hirnanomalien. Einen überlappenden Phänotyp zeigte in ihrer Studie ein Patient mit einer Variante in SARS1, einer weiteren Aminoacyl-tRNA-Synthase. Die Autor*innen der Studie definieren davon ausgehend ein neues Krankheitsspektrum: mit Aminoacyl-tRNA-Synthetasen zusammenhängende Entwicklungsstörungen mit/ohne Mikrozephalie. In der zweiten Studie identifizierten Lin et al. zwei biallelische WARS1-Varianten (eine Missense-Variante und eine Start-Loss-Variante) bei drei Patient*innen mit Entwicklungsverzögerung und geistiger Behinderung sowie weiteren variablen Merkmalen, u.a. einer Hörstörung. Die Pathogenität der Varianten bestätigten sie in funktionellen Analysen im Zebrafish-Modell, das den humanen Phänotyp rekapitulierte. Ihre Untersuchungen lassen außerdem erkennen, dass ein Exon des WARS1-Gens eine essenzielle Bedeutung für das Hörvermögen besitzt, ein Ergebnis, das auch durch Daten zur Genexpression in Innenohrzellen der Maus untermauert wird.

Bögershausen N, Krawczyk HE, Jamra RA, Lin SJ, Yigit G, Hüning I, Polo AM, Vona B, Huang K, Schmidt J, Altmüller J, Luppe J, Platzer K, Dörgeloh BB, Busche A, Biskup S, Mendes MI, Smith DEC, Salomons GS, Zibat A, Bültmann E, Nürnberg P, Spielmann M, Lemke JR, Li Y, Zenker M, Varshney GK, Hillen HS, Kratz CP, Wollnik B. WARS1 and SARS1: two tRNA synthetases implicated in autosomal recessive microcephaly. Hum Mutat. 2022 Jul 5. doi: 10.1002/humu.24430. Epub ahead of print.

Lin SJ, Vona B, Porter HM, Izadi M, Huang K, Lacassie Y, Rosenfeld JA, Khan S, Petree C, Ali TA, Muhammad N, Khan SA, Muhammad N, Liu P, Haymon ML, Rüschendorf F, Kong IK, Schnapp L, Shur N, Chorich L, Layman L, Haaf T, Pourkarimi E, Kim HG, Varshney GK. Biallelic variants in WARS1 cause a highly variable neurodevelopmental syndrome and implicate a critical exon for normal auditory function. Hum Mutat. 2022 Jul 11. doi: 10.1002/humu.24435. Epub ahead of print.

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