Gen des Monats November: MRAP2
Genetische Veränderungen im MRAP2-Gen wurden bereits als Ursache für eine monogene Form der Adipositas beschrieben – genaue Kenntnisse über den ursächlichen Mechanismus beim Menschen fehlten jedoch bislang. Eine große, im Fachjournal Nature Medicine publizierte Studie liefert nun neue Erkenntnisse. Französische ForscherInnen führten bei insgesamt 9.418 Erwachsenen und Kindern bzw. Jugendlichen eine Exomsequenzierung durch und ermittelten 23 seltene Varianten des MRAP2-Gens, die mit einem erhöhten Risiko für Adipositas assoziiert waren, darunter 14 bislang nicht beschriebene. In weiteren, funktionellen Experimenten zeigten sie, dass sieben Varianten zu einem Verlust der MRAP2-Proteinfunktion führen. Die Mehrzahl (75 %) der Personen, die eine solche Loss-of-Function-Variante aufwiesen, hatten Essstörungen, zum Teil in Verbindung mit Essattacken. Außerdem wiesen die meisten Mutationsträger eine Hyperglykämie und Hypertonie auf. Dies stellt einen Unterschied zu den bislang bekannten, z.B. durch Mutationen in MCR4 verursachten, monogenen Formen der Adipositas mit Essattacken dar, die mit niedrigem Blutdruck und normaler Glukosetoleranz auftreten.
Das Protein MRAP2 (melanocortin-2 receptor accessory protein 2) steigert die Aktivität eines anderen Proteins, MC4R (melanocortin 4 receptor). MC4R-Mutationen wurden als die häufigste Ursache für mongene Adipositas nachgewiesen. Die funktionelle Aufarbeitung in der aktuellen Studie zeigte bei Zellen mit MRAP2-Muationen u.a. eine verminderte MC4R-Signalübertragung. Da sich der Verlust der Funktion von MRAP2 auch auf den MC4R-Signalweg auswirkt, könnte nach Auffassung der Autoren die Gabe eines MC4R-Agonisten eine mögliche Behandlungsoption darstellen.
Baron M, Maillet J, Huyvaert M, … Bonnefond A. Loss-of-function mutations in MRAP2 are pathogenic in hyperphagic obesity with hyperglycemia and hypertension. Nat Med. 2019 Nov;25(11):1733-1738. doi: 10.1038/s41591-019-0622-0. Epub 2019 Nov 7.