Gen des Monats September: MESD
Das MESD-Gen bringt ein internationales Wissenschaftlerteam unter Federführung von WissenschaftlerInnen des Instituts für Humangenetik in Göttingen in einer aktuellen Studie mit der Glasknochenkrankheit, Osteogenesis imperfecta (OI), und damit erstmals mit einer Erkrankung beim Menschen in Verbindung. OI ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine besonders hohe Knochenbrüchigkeit gekennzeichnet sind. Bei fünf unabhängigen Familien stellten die ForscherInnen homozygote Mutationen fest, die für das schwere Krankheitsbild ihrer PatientInnen verantwortlich waren, das mit progredienten Skelettverformungen, wiederholten Knochenbrüchen und zum Teil Zahnauffälligkeiten einherging. Als Chaperon-Protein des endoplasmatischen Retikulums gewährleistet MESD die korrekte Faltung der im WNT-Signalweg agierenden Rezeptormoleküle LRP5 und LRP6 und sorgt dafür, dass diese zur Zellmembran gelangen.
Die funktionelle Charakterisierung der identifizierten Mutationen ergab, dass diese aufgrund ihrer Position die Funktion des MESD-Proteins zwar nicht komplett ausschalten, aber erheblich verringern. Der Vergleich mit dem bei einem vollständigen Verlust von LRP5 oder LRP6 beim Menschen bzw. der Maus auftretenden klinischen Phänotyp lässt vermuten, dass die für den Aufbau von Knochenmasse und die Zahnanlage wesentlichen zellulären Prozesse besonders empfindlich auf eine Verringerung der durch LRP5/LRP6 vermittelten WNT-Signalweiterleitung reagieren. Diese Aktivität mittels biologischer Wirkstoffe zu steigern könnte demnach ein möglicher künftiger Ansatz darstellen, um PatientInnen mit einer MESD-assoziierten Osteogenesis imperfecta zu behandeln.
Die Ergebnisse der Studie sind im American Journal of Human Genetics erschienen.
Moosa S, Yamamoto GL, Garbes L, …, Wollnik B, Netzer C. Autosomal Recessive Mutations in MESD Cause Osteogenesis Imperfecta. Am J Hum Genet. 2019 Sep 20. pii: S0002-9297(19)30312-X. doi: 10.1016/j.ajhg.2019.08.008. [Epub ahead of print]